In der ansonsten weit gehend von Hügeln und Tälern charakterisierten Landschaft des Zürcher
Unterlands erstaunt das Rafzerfeld mit seiner großen Ebene, die von Ratz im Osten bis nach Hohentengen
im Westen reicht und von gewaltigen Kiesgruben durchsetzt ist. Verschiedene Bohrungen, die im
Zusammenhang mit der Erforschung der Grundwasserreserven und der Kiesvorkommen durchgeführt
wurden, ergaben, dass der Felsuntergrund ein breites Tal von Rüdlingen her bis nach Hohentengen bildet.
Dieses Tal ist bis auf das heutige Niveau mit Schotterschichten aufgefüllt, deren Mächtigkeit von
Westen nach Osten auf gegen 100 Meter zunimmt. Teilweise rinden sich Schotter auch an den Talhängen,
so zum Beispiel oberhalb des Dorfs Wasterkingen. Geologische und geomorphologische Untersuchungen
haben Aufschluss über die Entstehung dieser Ebene und über die Ablagerung der Schotter, die heute in
Kiesgruben
abgebaut
werden,
ergeben.
In die
übereinander
liegenden
Schichten der
Unteren
Süßwasser-,
der
Oberen
Meeres-
und der Oberen
Süsswassermolasse tieften sich nach dem Ende der Molasseablagerungen Flüsse ein. Zu Beginn
der vorletzten Eiszeit," der Risseiszeit, floss der Rhein in der Gegend von Schaffhausen nach
Westen durch den Klettgau, die Thur durch das Rafzerfeld ebenfalls westwärts und traf bei
Waldshut auf den Rhein. Als während des ersten großen Gletschervorstoßes der Risseiszeit eine
Gletscherzunge den Zugang zum Klettgau versperrte, mussten sich die Schmelzwasser einen
anderen Weg suchen. Diesen fanden sie im Süden und gelangten so ins alte Thurtal. In dieser
Zeit wurde also der Rhein bei Schaffhausen nach Süden umgelenkt, vereinigte sich bei Rüdlingen
mit der Thur und floss -weiter durch das Rafzerfeld nach Westen. Während des ersten
vorübergehenden Rückzugs der Gletscher wurde die Rhein-Thur-Rinne wieder bis auf etwa 400
m über Meer aufgeschottert. Davon zeugen etwa die unteren, stark verwitterten Schichten in
der Wasterkinger Kiesgrube. Das von den Flüssen vorgeformte «Rafzertal» wurde durch den
zweiten, größeren Vorstoß der risszeitlichen Gletscher wie durch einen überdimensionierten
Hobel tiefer und breiter ausgefräst. Grosse Teile des Rafzerfelds waren mit Eis überdeckt. Am
Rand und im Vorfeld der Gletscher wurden Schotter abgelagert, wie sie zum Beispiel in den
oberen Schichten der Wasterkinger Kiesgrube anzutreffen sind. Auch die obersten Kuppen von Gnal und
Schürlibuck sowie der steile Hang, der unterhalb der Siedlungen Chalchofen und Schlossbuck beginnt und
sich oberhalb der Villa Schluchenberg hinüber zum Zollhaus zieht und gegen das Hohrüteli hin ausläuft,
setzen sich aus spätrisseiszeitlichen Schottern zusammen. Nördlich an den erwähnten Hang schließt sich
ein Gebiet an, das mit einer Moräne des Rissgletschers bedeckt ist. In der Warmzeit zwischen der
vorletzten (Riss-) und der letzten (Würm-)Eiszeit flössen große Mengen Schmelzwasser durch das
Rheintal (= Rafzerfeld), räumten dieses wieder aus und tieften es weiter ein. Während der Würmeiszeit
stießen die Gletscher zum vorläufig letzten Mal vor, in unserer Gegend bis Rüdlingen. Der Maximalstand
der Würmvergletscherung ist durch die Wallmoränen von Rüdlingen über Nack, Solgen, Lottstetten,
Jestetren und über den Aazheimerhof bis nach Neuhausen gut dokumentiert. Sichtbar sind heute
allerdings nur noch reihenförmig angeordnete, abgeflachte Hügel, zum Beispiel östlich der Strasse von
Ratz nach Steinenkreuz. Andere Zeugen des Gletschers wie Drumlins (längliche Hügel mit ovalem
Grundriss) und Toteislöcher (Solle) finden sich zwischen Lottstetten und Steinenkreuz. Die gewaltigen
Eismassen führten, wie dies bei heutigen Gletschern zu beobachten ist, immer große Mengen an Gerollen
mit. Die GIetscherflüsse verteilten dieses Material ziemlich gleichmäßig im Tal, das auf diese Weise
langsam wieder aufgefüllt wurde. Drei Ausflusstäler der Gletscherbäche sind heute noch zu finden: i. im
Grauen Tobel, 2. von Steinenkreuz an westwärts und 3. in der Chlainertrinne, die zum Beispiel im
Schwanental sichtbar wird.