«Mai»
Der Monatsname Mai (lat. Maius) geht auf den Namen der altrömischen Göttin der Erdfruchtbarkeit und des Wachstums, Maja, zurück, die man in diesem Monat als
Frühlingsgöttin feierte.
Im deutschen Sprachgebrauch ist der Mai als Weide-, vor allem aber als „Wonnemonat" bekannt.
Ein kühler Mai gut Geschrei.
Kein Monat des Jahres wird in so vielen Liedern als Hoch- und Blütezeit der Natur gepriesen und besungen wie der Wonnemonat Mai. Das nimmt nicht wunder,
erfährt doch der Frühling in diesen Wochen seine höchste Entfaltung, ist doch das volle Erwachen der Natur, das Grünen und Blühen in Feld und Flur in einer
relativ kurzen Frist so elementar, daß die Sinne der Menschen davon unwillkürlich eingefangen und sogar typische Eigenschaften des Monats völlig übersehen
werden oder dem Gedächtnis entschwinden. Wie anders wäre es zu erklären, daß nur ein einziges der vielen bekannten Mailieder etwas von der „Kühle" des Monats
aussagt?
Der kühle Maien tut Hirt und Schäfelein mit seinen Blümelein jetzund erfreuen. ...
Was in diesem Lied von Johann Hermann Schein (1586 - 1630) als Attribut, als Randbemerkung auftaucht, von den anderen Liederdichtern aber völlig ignoriert
wird, ist doch eine sehr typische und wichtige Eigenschaft des Monats, der auch seitens der Bauernregeln wesentliche Bedeutung für Gedeih' und Wachstum der
Feld- und Gartenfrüchte beigemessen wird:
Kühler Mai bringt Gras und Heu.
Kühle und Abendtau im Mai bringen Wein und vieles Heu.
Maientau macht grüne Au •'.
Kühler Mai, ist alte Regel, beschert viel Arbeit für Keller und Flegel.
Kühler Mai bringt fruchtbar'Jahr, trock'ner macht es dürr fürwahr.
Ein kühler Mai wird hochgeacht', hat stets ein fruchtbar'Jahr gebracht.
Maimond kalt und windig, macht die Scheuem voll und pfundig.
Kühler Mai, in der Scheuer Paradeis.
Verständlich daher, daß Mairegen und Gewitter ausdrückliche Wertschätzung finden:
Maienregen auf die Saaten, da regnet's Dukaten.
Regen im Mai gibt für's ganze Jahr Brot und Heu.
Im Mai ein warmer Regen bedeutet Früchtesegen.
Maienregen, mild und warm, tut den Früchten niemals Harm.
Süd bringt Regen, Nordwind Dürre. danach richte dein Geschirre.
Gewitter im. Mai, singt der Bauer .Juchhei".
Maigewitter machen das Jahr gewöhnlich kühl, gesund und fruchtbar.
Donnert's in's junge Laub hinein, wird das Brot bald billiger sein.
Früher Donner - später Hunger.
Entsprechend weniger optimistisch sind dann auch die Aussichten im entgegengesetzten Fall:
Aufeinen trockenen Mai folgt ein dürres Jahr.
Ist das Wetter im Mai zu schön, wird's mit dem Gras nicht besonders gut steh'n.
Ein trockener Mai ist gefährlich, ein kühler Mai sagt nichts; ein trockener und kalter Mai treibt dem Bauersmann den Angstschweiß aus.
Fassen wir also zusammen:
Ist der Mai hübsch kühl und naß, füllt's dem Bauer Scheun' und Faß.
Natürlich verdienen auch die Lostage des Monats Mai unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Wenn es auch heißt:
Der Mai ist wie der vorige November,
so sollten wir trotzdem alle Anzeichen und Hinweise achtsam verfolgen und nichts unterlassen, was uns Aufschlüsse zu geben vermag. Sicherlich
heißt es ja nicht ganz zu Unrecht:
Wer schläft im Mai, schreit im September „ 0 weih"!
Der l. Mai war von alters her der Feier von Frühlingsfesten vorbehalten. Schon im tiefen Mittelalter ritten der Sage nach die Hexen auf ihren Besenstielen in
der Walpurgisnacht, der Nacht zum l. Mai, zum Blocksberg (Brocken), um dort ihren Hexensabbat zu feiern, und noch heute werden im Gebiet der Ober- und
Niederlausitz am Abend vor dem l. Mai auf den Höhen „Hexenfeuer" angezündet, in deren Flammen „Hexen" verbrannt und dabei lodernde Reisigbesen herumgeschwenkt
werden. Vielerorts ist auch das Aufstellen und Umtanzen bändergeschmückter „Maibäume" an diesem Tag üblich.
So sehr wir uns auch zum l. Mai schönes Wetter wünschen, so wenig wird solches seitens der Bauernweisheit geschätzt:
Regen in St. Walpurgis-Nacht deutet auf ein gutes Jahr.
Regen m der Walpurgisnacht hat stets Tenn' und Keller vollgemacht.
In Walpurgis-Nacht Regen oder Tau, auf ein gut'Jahr bau'.
Wenn am l. Mai Reif fällt, so gerät die Frucht wohl.
Wenn am l. Mai der Reif liegt offen, ist ein gutes Jahr zu hoffen.
Regnet's am ersten Maientag, viel Früchte man erwarten mag.
Um Philipp und Jakobi(1. Mai) sind die größten Wetter.
Zu Philipp und Jakob viel Regen, läßt schließen auf reichen Segen.
Sind Philippus und Jakobus naß, so macht's dem Bauer großen Spaß.
Des weiteren wird festgestellt:
Wenn der Mai den Maien bringt, ist es besser, als wenn er ihn findt.
Siehst du am l. Mai die Kräh' im Korn nicht mehr, dann kommt der Sommer bald mit reicher Ernt' einher.
Wenn der Bauer um Maitag den Weizen mit der Lampe suchen muß, dann kann er noch gut werden.
An St. Philippis Tag die Linse zum Felde trag'.
Wie auch sonst des öfteren gibt es Anfang Mai Unterschiede betreffs Wetterwünsche von Ackerbauern, Winzern und Obstzüchtern:
Wenn's regnet, am l. Mai, dann regnet's auch weiter glei'.
Wenn es am Anfang des Monats regnet, so ist der Wein gefährdet..
Maiwasser trinkt den Wein aus.
Blüte schnell und ohne Regen, verspricht beim Obste großen Segen.
Kommt Nebel, wenn die Baume blüh 'n, so wirst du nicht viel Obst erzieh 'n.
Wenn abends dicke Nebel steigen, für morgen sie gut' Wetter zeigen.
Wie schon im Vormonat lassen auch im Mai Flora und Fauna einiges für die kommende Zeit erkennen:
Ein Bienenschwarm im Mai ' ist wert ein Fuder Heu; ' aber ein Schwärm im Juli, der lohnet kaum die Müh'.
Wenn die Eichen schön blühen, T^ soll es viel Heu geben.
Gibt 's der Eichenblüte viel, füllt sich auch des Kornes Stiel.
Wenn im Mai die Eichen schön blühen, so hat man ein fettes Jahr zu hoffen.
Blüht der Flieder schnell oder langsam, geht's ebenso mit der Ernte.
Maikäferjahr - ein gutes Jahr.
Ist's im Mai recht kalt und naß, haben die Maikäfer wenig Spaß.
An den ersten beiden Lostagen des Monats, St. Florian f4. Mai) und St. Stanislaus (7. Mai) wird uns kurz und bündig mitgeteilt:
Florian noch einen Schneehut setzen kann.
An St. Stanislaus rollen die Kartoffeln 'raus.
Wenn sich auch erfahrungsgemäß die mit Schadfrösten
gepaarten Kaltlufteinbrüche aus polaren Breiten
keineswegs immer streng an die ihnen zugeordneten Tage
halten, ja nicht selten auch einmal ganz ausbleiben, so
sieht doch jeder Gartenbesitzer den Tagen vom 11. bis 15. Mai mit einiger Unruhe entgegen:
Maifröste - schlimme Gäste.
Entsprechend fühlt man sich erleichtert, wenn diese Tage ohne größere Frostschäden vorübergegangen sind und man darangehen kann, nun auch frostempfindliche
Pflanzen ins Freiland zu setzen.
Während in den nördlichen Gebieten unseres Landes die „Eisheiligen" Mamertus, Pankratius und Servatius (11. bis 13. Mai) als die eigentlichen Kältebringer
angesehen werden, rechnet man in den südlicheren Gebieten mehr mit Pankratius, Servatius und Bonifatius (12. bis 14. Mai) sowie oft noch mit der „kalten
Sophie" (15. Mai), was naturgemäß durch das spätere Eintreffen der Kaltluft bei nördlicher oder nordwestlicher Strömung erklärbar wird.
Mamertus und Pankratius und hinterher Servatius sind sehr gestrenge Herren.
Mamertus, Pankratius, Servatius, die bringen Kalt' oft und Verdruß.
Vor Pankraz, Servaz, Bonifaz kein Sommer, so nachher kein Frost.
Pankraz, Servaz und Bonifaz schaffen Frost' und Eis gern Platz.
Eh' Pankraz und Servaz vorbei, ist vor Frost nicht sicher der Mai.
Pankrazi, Servazi, Bonifazi sind drei frostige Bazi, und zum Schluß fehlt nie die kalte Sophie.
Der Frost, der im Mai kommt, schadet dem Wein, dem Hopfen, dem Köm und dem Lein.
Wer seine Schafe schert vor Servaz, dem ist die Wolle lieber als das Schaf.
Pankratius, Servatius, Bonifatius, der Gärtner sie beachten muß; geh 'n sie vorüber ohne Regen, dem Weine bringt es großen Segen.
Als zuverlässiger Termin für das Ende der kalten Mainächte wird uns der Jahrestag St. Urban (25. Mai) genannt:
St. Urban pflegt seine Mutter vom Ofen weg zu hucken.
Im süddeutschen Raum war es ehemals üblich, bei schönem Wetter an St. Urban sein Bild im feierlichen Umzug herumzutragen. Regnete es aber, so warf man das
Bild ins Wasser.
Wenn St. Urban kein gut' Wetter geil, wird er in die Pfützen geleit.
Was dürfen wir aber erwarten, wenn Urban schönes Wetter bringt?
Pankraz und Urban ohne Regen, folgt ein großer Weinsegen.
Ist St. Urban schön und rein, bringt der Herbst viel guten Wein.
St. Urban bell und rein, segnet die Fässer ein.
Scheint am Urbanstag die Sonne, so gerät der Wein zur Wonne; regnet's aber, nimmt er Schaden und wird selten wohlgeraten.
Wenn St. Urban lacht, so tun die Trauben weinen; weint St. Urban, so gibt's der Trauben nur ganz kleinen.
Scheint die Sonn' am Urbanitag, wächst gut' Wein nach alter Sag' und das Korn im Getreide; •wenn 's aber regnet, ist nichts gesegnet.
Wie das Wetter sich um St. Urban verhält, so ist's noch 20 Tage bestellt.
Wie St. Urban sich verhält, so ist das Heuwetter bestellt.
Hat Urban gut' Wetter und Vitus (.15. Juni) viel Regen, so bringt's im Felde viel Segen.
An St. Urban ist das Getreide weder geraten noch verdorben.
Dankt St. Urban dem Herrn, er bringt dem Getreide den 'Kern.
Die Witterung auf St. Urban zeigt des Herbstes Wetter an.
St. Petronilla (31. Mai), der letzte Lostag des Monats, läßt uns wissen:
Ist es klar an Petronell, meßt den Flachs ihr mit der Eil'.
Zwei weiteren Terminen, dem Fest „Christi Himmelfahrt" (40 Tage nach Ostern) und dem Pfingstfest, werden seitens der Bauernregeln
ebenfalls Bedeutung beigemessen. Im Gegensatz zu letzterem fällt der Himmelfahrtstag üblicherweise in den Monat Mai. Dazu wird
vermerkt:
Regen am Himmelfahrtstag •zeigt schlechte Heuernte an.
Wie das Wetter am Himmelf ah rtstag, so auch der ganze Herbst sein mag. '
Der Bauer von der alten Art trägt seinen Pelz bis Himmelfahrt, und tut ihm dann der Bauch noch web, so trägt er ihn bis Barthelme (24. August).
Zur Bedeutung des Wetters am Pfingstfest (50 Tage nach Ostern) sind die Meinungen sehr geteilt.
Pfingstregen - Weinsegen. Nasse Pfingsten -fette Weihnachten, helle Pfingsten - magere Weihnachten.
Pfingstregen kommt nie gelegen.
Regnet's am Pfingsttag, so bringt es alle Plag'.
Regnet's am Pfingstmontag, so regnet's sieben Sonntag'.
Wenn 's um Pfingsten regnet, verregnet es die Schnabelweide.
Mit dem wenig bekannten Begriff „Schnabelweide" ist die allgemein sehr unerwünschte „Weide" der Vögel gemeint, so da sind Kirschen, Erd- und Heidelbeeren.
Reife Erdbeeren um Pfingsten künden ein gutes Weinjahr.
Wenn an Pfingsten die Sonne scheint, dürfen die Bäcker Wein trinken; denn es gerät der Weizen.
Haben wir bis zum Monatsende das Maiwetter aufmerksam verfolgt, so dürfen wir eine Prognose für den kommenden Monat anstellen:
Auf nassen Mai kommt, ein trockener Juni herbei.
Warmer Mai - kalter Juni.
Mai mäßig feucht und kühl, setzt dem Juni ein warmes Ziel; aber übermäßig warmer Mai will, daß der Juni voll Nässe sei.
Es sollte uns nicht melancholisch stimmen, wenn mit Ende des Wonnemonats sein Reiz, seine verschwenderische Blütenfülle allmählich ihr Ende findet, denn:
Der Mai hat Blumen auf dem Gesichte, aber im Magen keine Früchte.