Die Entstehung des Fernsehkolbenwerkes in Tschernitz
Als um 1950 in der DDR an eine Wiederaufnahme des Fernsehens gedacht wird, nimmt der VEB Spezialglaswerk „Einheit“
Weißwasser die Produktion manuell gefertigter Fernsehkolben unter Anlehnung an die Fertigung in der Luisenhütte, während der
Vorkriegszeit, auf. Vorteile dieser Kolben liegen in der Fertigungsmöglichkeit in einem Stück und in der glatten, glänzenden
Oberfläche des Produktes.
Aber die Nachteile sind unübersehbar: · Große Baulänge der Kolben und damit auch der späteren Bildröhre · Sehr kleiner
Bildschirm, der zudem noch rund ist · Versuche, den Bildschirm zu
vergrößern, stoßen schnell an glastechnologische Grenzen Diese
Bedingungen erzwingen zum Ende der 50er Jahre einen gravierenden
Qualitätsumschlag: Der Übergang vom Blasen ganzer Kolben in
manueller Arbeitsweise erfolgt zur Fertigung einzelner Kolbenteile in
mechanischer Produktion und öffnet die Tür auch für spätere laufende
Verbesserungen der Fernsehröhren. Der Kolben wird aus drei Teilen, die
miteinander vakuumdicht zu verbinden sind, gefertigt: Bildschirm und
Konus werden unabhängig voneinander gepresst, das
Halsrohr wird durch Vertikalziehen nach dem Schuller-
Verfahren bereitgestellt; alles maschinell, alles aus
Weißwasser und Umgebung!
1961 nimmt das Schwarz-Weiß-Fernsehkolbenwerk
Friedrichshain den Betrieb auf und schon 1964 stellt
das Spezialglaswerk „Einheit“ Weißwasser die Halsrohrproduktion auf das
produktivere und präzisere Horizontalziehen nach Danner um. In der
Folgezeit sorgt die konsequente Überführung von Forschungsergebnissen
in die Produktion für die laufende Verbesserung der Glaskolben:
· Die Bildschirmgröße steigt ständig bei gleichbleibendem Verhältnis von Höhe zu Breite, etwa 3 : 4. · Bei gleicher Höhe und Breite
wird das Diagonalmaß vergrößert, damit nähert sich der Bildschirm immer mehr dem Rechteck.
Die angelsächsischen Länder messen die Diagonale in Zoll; z. T. wird dieses Maß auch von Deutschland benutzt (1 Zoll = 25,4
mm). · Der Strahl- Ablenkungswinkel wird vergrößert, die Halsrohrlänge verkleinert: Das Fernsehgerät steht nun immer näher an
der Wand und kommt mit geringer werdender Gehäusetiefe aus; 70, 90, 110 ° heißen die Stationen für den Ablenkun gswinkel.
Viele spitzwinklige Konen haben sich in Weißwasser und Umgebung in den Gärten als Schutzhütchen für die Pflanzen bei
Frostgefahr gehalten. Bitte beachten Sie auch nachher in der Ausstellung unsere Fotos dieser „Grünkohlfernseher“. · Die
Implosionssicherheit der Kolben wird laufend erhöht: Die Implosionsschutzscheibe fällt weg.
In relativ kleinen Stückzahlen importiert die DDR großformatige Röhren,
vorzugsweise aus Frankreich und England. Dieselben werden besonders
in die teuren kolossale Möbel, sogenannte Musiktruhen, installiert. Sie
sind bestückt mit Fernseher, Radio, Plattenspieler, Tonbandgerät,
Hausbar und Trabant- Garage. 1984 geht der WEB
Farbfernsehkolbenwerk Tschernitz in Betrieb und synchron zu dieser
Inbetriebnahme wird im VEB Spezialglaswerk „Einheit“ Weißwasser eine
Hochleistungs-Präzisions-Rohrziehanlage nach dem horizontal
arbeitenden Danner-Verfahren angefahren. Im gleichen Werk wird für die
Herstellung der Lötverbindung Bildschirm/Konus ein geeignetes Lot
erschmolzen.