Welche Länder noch zu Putins Russland stehen — und das sind ihre Motive
Der russische
Präsident Wladimir Putin hat die
Ukraine
angegriffen. Als Reaktion stellt
sich der Westen
vereint hinter den ukrainischen
Präsidenten
Wolodymyr Selenskyj und bekundet den
ukrainischen
Bürgern seine Solidarität. Es folgen
harte
Sanktionen und weitere Sanktions-
Androhungen des
Westens.
Die Generalversammlung der Vereinten
Nationen (UN) forderte vorige Woche
in einem Beschluss den sofortigen
Truppenabzug des russischen Militärs
aus der Ukraine. 141 Mitgliedsstaaten
stimmten dafür, fünf dagegen –
Syrien, Nordkorea, Eritrea, Belarus
und natürlich Russland. Weitere 35
enthielten sich bei der Abstimmung.
Putin wirkt von der internationalen
Gemeinschaft isoliert.
Doch der Schein trügt. Mehrere Länder
pflegen weiterhin gute Beziehungen
mit Russland und vermeiden es, sich
von Putins Aktionen zu distanzieren.
Von welchen Nationen ist hier die
Rede und warum? Wir geben einen
Überblick.
China
Chinas zentrale Rolle kam in den vergangenen Wochen beim Ukraine-Krieg immer wieder auf. Denn westliche Länder hoffen auf den
chinesischen Präsidenten Xi Jinping als Vermittler, während Russland auf China als Verbündeten baut. Auch die Ukraine pflegt eine enge
Handelsbeziehung zu China. Trotzdem blieb die Regierung um Xi weitgehend neutral und vermied es, den russischen Angriff auf die
Ukraine zu kritisieren oder sich von Putins Aktionen zu distanzieren.
Erst diese Woche bekannte die Regierung um Xi ein wenig Farbe: Der Raketenbeschuss auf das größte Kernkraftwerk Europas,
Saporischschja, veranlasste das chinesische Außenministerium, die russischen Streitkräfte zu „Ruhe und Zurückhaltung“ aufzufordern.
Dennoch bekräftigte der chinesische Außenminister Wang Yi, dass „die Freundschaft zwischen beiden Völkern“ felsenfest sei.
Im vergangenen Monat zeigten sich der chinesische Staatschef Xi Jinping und Putin demonstrativ bei der Eröffnungsfeier der Olympischen
Spiele in Beijing Seite an Seite. Zeitgleich veröffentlichten sie ein gemeinsames Kommuniqué. In der Erklärung bestärken sie nicht nur
ihre Freundschaft, sondern lehnen eine Nato-Osterweiterung klar ab – was laut Putin Russlands größte Sicherheitsbedrohung darstellt.
Ferner drängen sie den Westen dazu, sich von den „Konzepten des Kalten Krieges“ abzukehren. Eine klare Botschaft an westliche Länder
und allen voran die USA. Denn mehrere Regierungen boykottierten die Winterspiele in Beijing wegen chinesischer
Menschenrechtsverletzungen – Experten sagen, dass gerade diese Haltung westlicher Staaten Russland und China eine.
Zudem haben China und Russland erst vergangenes Jahr ihren symbolpolitischen „Nachbarschaftsvertrag“ verlängert – laut Putin spielen
sie so eine „stabilisierende Rolle“ im geopolitischen Weltgeschehen.
China und Russland sitzen auch beide im UN-Sicherheitsrat und vertreten dort oft ähnliche Positionen, wie beispielsweise nach dem
Militärputsch in Myanmar, wo die Delegierten aus beiden Ländern einen UN-Eingriff mit einem Veto verhinderten. Umso überraschender war
es, dass sich China bei der vergangenen UN-Resolution gegen Russlands Angriff auf die Ukraine enthielt – ein Erfolgserlebnis für
westliche Staaten, die auf Chinas Neutralität als Vermittler hoffen.
Ein Problem ist aber, dass China wenig vom Lösungsweg des Westens hält: Sanktionen sind für Xi ein Tabu, denn China folgt schon seit
langem einer außenpolitischen Doktrin, wonach sich kein Land in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen sollte. Zumal
China selbst von intakten Sanktionen betroffen ist, ausgelöst durch Menschenrechtsverletzungen in ihrem eigenen Land in der Region
Xinjiang, in der viele Menschen leben, die der Minderheit der Uiguren angehören.
Deshalb warnt der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi (Linke) vor einer engeren Allianz zwischen Russland und China, ausgelöst durch
Sanktionen des Westens. China sei wirtschaftlich „viel stärker als Russland“, Russland wiederum militärisch überlegen. „Wenn die sich
wirklich zusammenschließen, entsteht da ein Machtfaktor, der für die Demokratien, für den Westen gar nicht beherrschbar ist“.
Indien
Indien drängt in Bezug auf den Ukraine-Krieg "auf die Deeskalation der Spannungen unter Berücksichtigung der legitimen
Sicherheitsinteressen aller Länder" und betont damit die anhaltende indische Neutralität im Ukraine-Krieg. Auch bei der UN-Resolution
hat sich die Delegation enthalten. Selbst nachdem ein 21-jähriger Student aus Indien auf dem Weg zum Bahnhof in Charkiw von einer
russischen Rakete getötet wurde, äußert sich die indische Regierung mit „großer Betroffenheit“ auf Twitter – fern jeglicher
Verurteilung der russischen Aggression. Warum enthält sich Indien so konsequent bei dem Konflikt?
Schon die ehemalige Sowjetunion und Indien pflegten eine freundschaftliche Beziehung, die über die Auflösung des sowjetischen Blocks
hinweg anhielt und sich vor allem in den vergangenen Jahren noch einmal vertiefte. Ihre Partnerschaft baut insbesondere auf eine
gemeinsame Rüstungspolitik, denn Indien ist einer der größten Waffenimporteure weltweit und Russland sein Hauptlieferant.
Außerdem sagt Srinath Raghavan, leitender Professor für internationale Beziehungen an der Ashoka Universität in Indien: Russland sei
nicht nur ein wichtiger Verteidigungspartner für Indien, sondern spielt auch "im Zusammenhang mit den indisch-chinesischen Problemen
eine gewisse Rolle. Neu-Delhi möchte Moskau nicht in die Nähe Pekings rücken".
Die beiden aufstrebenden Großmächte Asiens haben seit den 1960er Jahren einen bis heute anhaltenden Grenzkonflikt vor allem in der
Region des Himalaya-Gebirges. Deshalb steht fest: Sollte sich der indische Premierminister Narendra Modi gegen Putin stellen, hat
China mit Russland einen machtvollen und umso engeren Nachbarn und Verbündeten in dem regionalen Konflikt.
Dementsprechend betonten beide Länder erst im Dezember bei Putins Besuch in Indien ihre „besonders privilegierte strategische
Partnerschaft“ und vereinbarten weitere Rüstungsdeals. So sollen indisch-russische "Beziehungen sowohl auf internationaler Ebene als
auch unmittelbar im militärischen Bereich" weiterhin ausgebaut werden. Modi lobte die „konstante Freundschaft“ beider Nationen.
Gerade der Westen beobachtet diese Freundschaft besorgt. Denn Indien, als größte Demokratie der Welt, sollte eigentlich ein wichtiger
Verbündeter im indopazifischen Raum sein. Die Zurückhaltung der indischen Regierung im Ukraine-Krieg dämpft diese Hoffnung.
Indienexperte Raghavan sagt jedoch, dass Modi vorsichtig sein werde, „wenn es um Dinge geht, die Sanktionen von Dritten nach sich
ziehen“. Die USA erwägen schon seit längerem über erweiterte Sanktionen gegen Indien nach, als Antwort auf deren neuesten Kauf des
russischen Raketenabwehrsystems S-400.
Brasilien
Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro war erst vergangenen Monat zu Besuch in Moskau. Der Zeitpunkt des Treffens während der
schon entfachten Ukraine-Krise verdeutlicht die Partnerschaft zwischen Bolsonaro und Putin. Dementsprechend bleibt auch nach dem
Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine jegliche Kritik Bolsonaros an Putins Entscheidung aus. Als der brasilianische Vize-
Präsident Hamilton Mourao öffentlich sagte, dass Brasilien die "Souveränität der Ukraine respektiert", pfiff Bolsonaro ihn zurück. Nur
der Präsident selbst könne solche Aussagen treffen. Laut ihm ist Brasilien „solidarisch“ mit Russland – ob er das auch auf den
Ukraine-Krieg bezieht, lässt er offen.
Bolsonaro hat große wirtschaftliche Interessen in der Beziehung zu Russland. Denn die brasilianische Wirtschaft baut zu einem großen
Teil auf die Agrarproduktion, diese wiederum stützt sich auf Düngemittel aus Russland und Belarus. Wenn sich der Agrarertrag durch
ausbleibenden Dünger reduzierte, würden das vor allem die Bürger Brasiliens mit steigenden Preisen und einer Inflation spüren – keine
Option für den brasilianischen Präsidenten für die bevorstehenden Wahlen in diesem Jahr.
Überraschend kam Brasiliens Zustimmung der UN-Resolution zur Forderung des Rückzugs der russischen Truppen in der Ukraine. Experten
meinen, dass Bolsonaro seine internationalen Strategien dabei balanciert: Denn der Präsident kann es sich nach der Abholzung des
Amazonas und anderen diplomatischen Fiaskos nicht mehr leisten, die internationale Gemeinschaft gegen ihn aufzubringen. Insbesondere,
nachdem Bolsonaro momentan laut einer Umfrage hinter seinem Präsidentschafts-Konkurrenten Lula da Silva liegt.
Belarus und Serbien
Der Präsident von Belarus, Alexander Lukaschenko, gehört zu den loyalsten Verbündeten Putins. Er unterstützt nicht nur seine
Anerkennung der unabhängigen „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk sowie den Einmarsch des russischen Militärs in die Ukraine, sondern
verbreitet auch die russische Propaganda, um den Einmarsch zu legitimieren. Darüber hinaus hat Lukaschenko die Truppenstationierung
des russischen Militärs in Belarus bereits erlaubt, genauso wie den Start russischer Raketenangriffe von Belarus aus auf ukrainische
Ziele. Dementsprechend war Belarus einer der fünf Länder, die gegen die UN-Resolution gestimmt haben.
Auch die Boulevardpresse in Serbien verbreitet Putins Propaganda und legitimiert so den Angriff Russlands auf die Ukraine. Der
serbische Präsident Aleksandar Vučić ist ein enger Verbündeter Russlands, denn die Vergangenheit eint sie: Der Kosovo-Krieg und die
gemeinsame anti-Nato Haltung mache sie zu „Brüdern“. Dennoch befindet sich Belgrad momentan im Spagat. Vučić hält sich fern von
jeglicher Kritik an Putin und würde keine Sanktionen gegen Russland unterstützen, aber möchte auch nicht den Zorn des Westens auf sich
ziehen. Schließlich befindet er sich kurz vor den Wahlen und in einem laufenden Beitrittsverfahren mit der EU. So hat die serbische
Delegation für die UN-Resolution gestimmt.
Kuba, Venezuela und Nicaragua
Auch die kommunistisch geprägten Länder Kuba, Venezuela und Nicaragua zählen zu den engeren Verbündeten des russischen Präsidenten.
Russlands stellvertretender Ministerpräsident Bojko Borissow hat die Länder erst vor Kurzem besucht und von zukünftig engeren
Beziehungen zwischen den Nationen gesprochen. Dementsprechend haben sich alle drei Länder bei der UN-Resolution zur Verurteilung
Russlands enthalten.
Die südamerikanischen Länder sind sowohl ideologisch als auch historisch mit Russland verankert. So steht Nicaraguas Diktator Daniel
Ortega an Putins Seite und argumentiert: „Russland verteidigt sich einfach“ – sein Revolutionsregime bekam schon in den 1980er Jahren
direkte Unterstützung der Sowjetunion.
Venezuela gilt schon seit längerem als Putins zentraler Ankerpunkt im Westen, nachdem sich die Beziehung zwischen den USA und
Venezuela in den frühen 2000ern dramatisch verschlechtert hatte. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist Caracas zum größten Käufer
russischer Militärausrüstung geworden, während Russland der größte Kredit-Geber der venezolanischen Regierung ist. In diesem Sinne
sagt der Staatschef Venezuelas Nicolás Maduro: „Venezuela steht an der Seite Putins“. Durch das US-amerikanische Öl-Embargo gegen
Russland könnte jedoch die Beziehung zwischen Venezuela und Amerika neu aufleben, denn Bidens Regierung soll momentan erwägen, Öl aus
Venezuela als Alternative zu importieren.
Auch der Annäherungskurs zwischen Kuba und den USA wurde in den vergangenen Jahren beendet: Einst ein zentrales Vorhaben des
ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama, hatte sein Nachfolger Donald Trump die Beziehungen zu Havanna wieder abgekühlt. Parallel dazu
hat Putin sich um eine engere Freundschaft mit dem ehemaligen sowjetischen Verbündeten bemüht und unterstützt seitdem kubanische
Projekte wie die Modernisierung der Rüstungsindustrie. Die kubanische Regierung macht die USA und Nato für die Eskalation in der
Ukraine verantwortlich, da die „Ausweitung der Nato in Richtung der Russischen Föderation“ vorangetrieben wurde und so Putin
provoziert habe. Trotzdem würde Kuba eine diplomatische Lösung für die Krise unterstützen.
Darum bleiben die Preise für Sprit weiter oben, obwohl der Ölpreis sinkt
Der Preis für Öl ist
stetig am Sinken.
Dennoch bleiben
die Preise an
deutschen
Tankstellen
weiterhin hoch.
Danyal Bayaz
(Grüne),
Finanzminister
Baden-Württembergs, vermutet bereits einen
„Reibach“ bei den „Ölmultis“. Auch der ADAC äußerte
sich dahingehend, dass die Mineralölkonzerne im
Raffineriegeschäft „derzeit richtig gutes Geld“
verdienten.
Der Tankstellenverband gibt sich bei der Gestaltung der Preispolitik machtlos.
Es ist eine Auswirkung des Ukraine-Krieges, die viele Menschen unmittelbar betrifft: die hohen Spritpreise, die teilweise über zwei
Euro liegen. Super E10 kostete im bundesweiten Tagesdurchschnitt am Montag 2,203 Euro pro Liter, wie der ADAC am Dienstag
mitteilte. Diesel verteuerte sich um 0,2 Cent auf 2,307 Euro pro Liter und liegt damit 1,4 Cent unter seinem Rekordwert aus der
vergangenen Woche.
Doch wer jetzt gebannt auf den sinkenden Preis für Rohöl, den Grundstoff für Benzin und Diesel, schaut, wird trotzdem an der
Tankstelle enttäuscht werden. Denn während der Preis für Rohöl sich inzwischen fast wieder auf dem Niveau vor Beginn des Ukraine-
Kriegs eingependelt hat, bleibt Superbenzin rund 45 Cent teurer, Diesel sogar rund 64 Cent.