©2024 Henry Aurich
«Oktober»
Nach der Zählweise des altrömischen Kalenders war der Oktober der achte Monat des Jahres (lat. octo = acht). Die um diese Zeit stattfindende Weinlese und das Keltern der Trauben machen den deutschen Namen „Weinmonat" leicht erklärbar, wie auch der Name „Gilbhart", mit der Bedeutung „reich an Gelbem", auf die um diese Jahreszeit allgemein vollzogene Laubfärbung hindeutet. Wenn der Oktober nicht hilft, dann ist dem Winzer nicht zu helfen. Wenn es auch, wie uns schon in den Vormonaten mit eindringlicher Deutlichkeit klargemacht wurde, nicht eigentlich der Oktober ist, der die Ernte des Winzers maßgeblich bestimmt, so ist es doch der Monat, an dem die Weinlese ihren Höhepunkt und Abschluß erreicht. Nun kann auch der Weinbauer die Bilanz des Jahres ziehen, und es wäre ihm • und auch uns zu gönnen, wenn diese zur Zufriedenheit ausfiele. Der Oktober gibt uns Wein und sonnige Tage, aber auch Gicht und andere Plage. Unter diesen Umständen sind sonnige Tage natürlich sehr willkommen, auch wenn uns das in w'eiterer Sicht einige Unbilden eintragen sollte: Wer im Herbst hell' Wetter will.  hat der Winde im Winter viel. Heller Oktober - windiger Winter. Oktoberwetter warm und hell, bringt kalten Wind und Winter schnell. Ist Oktober warm und fein, kommt ein scharfer Winter drein. Wenn der Oktober warm und trocken ist, so soll vor Weihnachten wenig Kälte zu erwarten sein. Ist der Oktober schön und warm, so ivird der Februar daß Gott erbarm'. Trägt der Hase jetzt noch sein Sommerkleid, ist der Winter wohl noch weit. Wenn im Moor viel Irrlicht' steh 'n, bleibt das Wetter lange schön. Wenn der Tauber noch girrt, hat sich der Herbst geirrt. Gut und notwendig für die junge Saat ist Oktoberregen. Ansonsten stehen Regen, noch auftretende Gewitter und andere seltenere Naturerscheinungen nicht ausschließlich für Erfreuliches: Viel Regen im Oktober, viele Winde im Dezember. Wie im Oktober die Regen hausen, so im Dezember die Stürme brausen. Viel Regen im Oktober und November, bringt einen windreichen Dezember. Ist Oktober naß und Kühl, milder Winter werden will. Hat der Oktober viel Regen gebracht, so hat er die Gottesäcker bedacht. Bringt der Oktober viel Regen, so ist's für die Äcker ein Segen. Zu Ende Oktober Regen, bringt ein fruchtbar' Jahr zuwegen. Wenn 's im Oktober wetterleuchtet, noch mancher Regen den Acker befeuchtet. Oktobergewitter sagen beständig, das künftige Wetter sei wetterwendig. Gewitter im Oktober künden: Du wirst einen nassen Winter finden. Bringt der Oktober noch Gewitter, so ist der Winter nur ein Zwitter. Oktoberdonner ist fürwahr noch besser als im Februar: Der klingt nur wohl der Wuch'rer Schar. Komet im Oktober, > macht Stunn und Frost zum Ober. Nordlicht im Oktober, 8 langen Winters Erprober. Bei der Vorausschau auf den Winter und das kommende Frühjahr gewinnen in diesem Monat auch Fauna und Flora wieder an Bedeutung. Wesentlichen Aufschluß gibt der herbstliche Blätterfall: Wenn der Eichbaum noch sein Laub behält,  so folgt im Winter strenge Kalt'. Sitzt das Laub auf den Bäumen noch lange fest, mach' nur für den Winter ein warmes Nest. Halten Birk' und Weid' ihr Wipfellaub lange, ist zeitiger Winter und gut' Frühjahr im Gange. Behalten die Bäume ihre Blätter lange, gibt's einen Nachwinter. Hält der Baum die Blätter lang', macht ein später Winter bang'. Bleibt das Laub ganz in des Stammes Nabe; daraus man fruchtbar' Jahr erspähe. Bleibt's Laub am Ast, viel Ungeziefer zu fürchten hast. Fällt Eichlaub vor der Esch', gibt's im Sommer große Wasch'. Aus dem Verhalten der Tiere in Wald und Feld Schlüsse zu ziehen, wird umstandehalber wohl nur begrenzt möglich sein: Ist sehr rauh der Hase, frierst du bald an die Nase. Wenn die Wildgänse unsere Gegend fliehen, •wird der Winter schnell heranziehen. Scharren die Mäuse tief sich ein, wird's ein harter Winter sein; und viel härter noch, bauen die Ameisen hoch. Kommt die Feldmaus in das Dorf, kümm 're dich um Holz und Torf. Halten die Krähen Konvivium (lat. Gelage), sieh! nach Feuerholz dich um. Je fetter die Vögel und Dachse sind, desto kälter erscheint das Christuskind. Viel Schnee steht wahrscheinlich bevor, wenn im Herbst viel Nebel sind; ein langer, anhaltender Winter, wenn es im Oktober viele Hornissen und Wespen gibt. Durch Oktobermücken laß dich nicht berücken. Oktoberhimmel voller Sterne hat warme Öfen gerne. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, daß der Oktober auch bereits mit Frost und Schnee aufwarten kann. Viel Erfreuliches ist damit allerdings nicht verbunden: Ist der Oktober kalt, macht er dem Raupenfraß für's nächste Jahr halt. Oktoberschnee tut Pflanzen und Tieren weh. Wenn's im Oktober friert und schneit, bringt der Januar milde Zeit; wenn 's aber donnert und wetterleuchtet, der Winter dem April an Launen gleichet. Frost und Schnee im Oktober sind Boten: Der Januar sei gelind. Bringt Oktober Frost und Wind, wird der Januar gelind; ist er aber naß und kühl, wild der Winter werden will. Bringt der Oktober viel Frost und Wind, sind oft Januar und Februar gelind. Bringt der Oktober viel Frost und Wind, sind der Jänner und Hornung gelind; ist der Oktober aber freundlich und mild, ist der März dann rauh und wild. Ist der Oktober kalt und rauh, dann. ist der März mild; ist der Oktober aber mild, kann ein kalter oder milder März folgen. Oktober und März gleichen sich allerwärts. Schneit's im Oktober gleich, so wird der Winter weich. Fällt der erste Schnee in' Dreck, bleibt der ganze Winter nur ein Geck. Fällt der erste Schnee in den Schmutz, vor strengem Winter kündet er Schutz. Fällt der erste Schnee in' Kot, hat der Winter Regennot. Viel Wind im Oktober, lacht, der Müller im Dezember. Wie nicht anders zu erwarten, stehen auch bei den Lostagen des Monats abschließende Ernte- und Bestellarbeiten, Wetterentwicklungen und Prognosen für die nächste Wachstumsperiode im Vordergrund. St. Leodegar (2. Oktober) gibt dabei erste Hinweise: Fällt das Laub auf Leodegar, ist das nächst' ein fruchtbar Jahr. Je früher das Laub im Oktober fällt, um so fruchtbarer wird das nächste Jahr. Wenig erfreulich dann: Regnet's an St. Dionys (9. Oktober), so regnet's den ganzen Winter gewiß. Wenn auch die Lostage des Oktobers ein wenig spärlich ausfallen, und  dies sowohl in der Anzahl, als auch Umfang und Vielzahl der Aussagen betreffend, so macht doch einer eine Ausnahme - der Jahrestag St. Gallus, der auf den l6. Oktober fällt. Wir hatten ihn schon einmal im September, im Zusammenhang mit der Weinernte zitiert. Doch darüberhinaus hält er noch manches andere bereit. Beginnen wir mit einer Feststellung, die allerdings auch den 17. Oktober, den Jahrestag St. Hedwig, mit einbezieht: Mit St. Hedwig und St. Galt' schweigt der Vögel Sang und Schall. Mit Hedw'ig und Galle sind die Vögel alle. Galles, schaff heim alles! Um St. Gallus-Tag muß der Apfel in den Sack, denn St. Gallen läßt Schnee leichtfallen. Wenn Gallus kommt, hau ab den Kohl; er schmeckt im Winter trefflich wohl. St. Galle tut beim Kraut und Rüben alle; sonst kommt der Simon (28. Oktober) und baut den Schnee dran. Nach Gallus soll Weißkohl und Fleisch eingesalzen und anderes eingemacht werden, weil es dann nicht mehr verdirbt. Nach St. Gall' bleibt die Kuh im Stall. In der Galluswoche darf kein Roggen gesät werden. Galluskorn und Urbanhafer (.25. Mai), was daraus wird, sag' mir nachher. St. Gallen läßt den Schnee/allen. Wenn 's am. Gallustag regnet, so regnet's bis Weihnachten. Regnet's am St. Gallustag nicht, dem Frühjahr auch der Regen gebricht. Nach St. Gallus Verkünden wird sich der nächste Sommer finden. Trocken am St. Gallustag, verkündet einen trockenen Sommer. Gießt St. Gallus wie ein Faß, wird der nächste Sommer naß. Am St. Gallustag den Nachsommer man erwarten mag. Auf diesen Nachsommer, auch „Altweibersommer" genannt, treffen wir noch einmal in den Regeln des Novembers, und zwar am Allerheiligen (l. November.) sowie am St. Martinstag (11. November). Es handelt sich dabei um eine mit ziemlicher Regelmäßigkeit eintretende herbstliche Schönwetterperiode, die bei hohem Luftdruck über Südosteuropa durch Einströmen warmer Festlandluft nach Mitteleuropa verursacht wird. Allerdings hält sich der Beginn dieser Periode nicht immer an die von den Bauernregeln fixierten Termine. Doch das macht uns den Altweibersommer nicht weniger begehrens- und liebenswert. Enttäuscht sind wir nur dann, wenn er einmal völlig ausbleibt, was leider auch gelegentlich vorkommt. Nur zwei Tage nach St. Gallus, auf den 18. Oktober, fällt der - Gedächtnistag St. Lukas. Wer in der Lukaswoche Roggen streut, es bei der nächsten Ernte nicht bereut. Am St. Lukastag soll das Winterkorn schon in die Stoppeln gesäet sein. Zwei Tage des Monats verbleiben uns noch, deren Daten es zu beobachten gilt. Der erste der beiden, der Ursula-Tag (21. Oktober), macht bereits am Gallustag Gesagtes noch einmal dringend: An Ursula muß das Kraut herein, sonst schneien Simon und Juda drein. Wie der Ursula-Tag anfängt, so soll der Winter beschaffen sein. Mit Simon und Judas, die ihren gemeinsamen Jahrestag am 28. Oktober feiern, neigt sich der Weinmonat seinem Ende entgegen. Allmählich zeichnet sich auch in der Natur ein Ende dessen ab, was wir im allgemeinen unter „Herbst" verstehen: Die Ernte ist weitgehend unter Dach und Fach, das bunte Laub der Bäume raschelt braun verfärbt zu unseren Füßen. Wir rechnen mit Kälte und erstem Schnee. Dies macht uns auch der letzte Lostag des Monats deutlich: Simon und Judas fegen 's Laub in die Gaß'. Wenn zu uns Simon und Juda wandeln, wollen sie mit dem Winter verhandeln. Simon und Juda, die zwei führen oft den Schnee herbei. Simon und Jude schneit's dem Krämer auf die Bude. Wenn Simon und Juda vorbei, rückt der Winter herbei. Simon und Juda regieren das Weihnachtswetter. Sollten Simon undjuda recht behalten, so bleibt uns keine Wahl, als dies von der besten Seite zu nehmen. Schließlich wird uns ja noch glaubhaft versichert: Sperrt der Winter früh das Haus, hält er es nicht lange aus; bleibt aber der Vorwinter aus, |k kommt der Nachwinter mit Frost und Braus'.
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