Die Reformation in der Niederlausitz Der Cottbuser Franziskanermönch Johannes Briesmann brachte die neue Lehre in die Lausitz und bis nach Ostpreußen / Luther in Sonnewalde Am 1. November 1539 beteiligte sich Kurfürst Joachim 11. an der Abendmahlsfeier in beiderlei Gestalt in der Spandauer Nikolaikirche. Das Abendmahl mit Brot und Wein reichte Bischof v. Jagow nach protestantischem Verständnis. Dieser Abendmahlsgottesdienst wird als das Datum für den Beginn der Reformation in Brandenburg gewertet. Dieses Ereignis war 1989 der Anlass für das Gedenken der 450-jährigen Wiederkehr der Einführung der Reformation in Berlin und der Mark Brandenburg durch die evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg. Das Thema ging damals - heute gut verständlich - unter in den gesellschaftlichen Umwälzungen, die mit dem 9. November 1989 soeben ihren Scheitelpunkt erreicht hatten – die Berliner Mauer fiel. In den Thesen zur Vorbereitung des Berlin-Brandenburger Reformationsjubiläums heißt es: „Predigt und Glauben im evangelischen Sinne gab es in der Mark Brandenburg schon seit den Anfängen der reformatorischen Bewegung. Seit dem Regierungsantritt des lutherisch gesinnten Kurfürsten Joachim II. im Jahre 1535 war eine Wende in der bis dahin entschieden altgläubig orientierten Kirchenpolitik zu erwarten. Ihr kam die Bereitschaft breiter Kreise entgegen/ der neuen Lehre zu folgen... Die Reformation vollzog sich in Brandenburg zögernd und gemäßigt." Zu bedenken ist bei diesem Jubiläum/ dass die heutige Kirche Berlin-Brandenburg Gebiete umfasst, für die dieses Datum nicht in diesem Sinne maßgebend ist. In der Niederlausitz, dem ehemaligen Cottbuser Kreis und der damaligen Neumark haben Beginn und Durchsetzung der Reformation einen durchaus unterschiedlichen Verlauf im Vergleich zu Berlin und der Kurmark genommen. Vielfach waren hier schon wesentlich früher reformatorische Bewegungen zu erkennen. Zu bedenken ist auch, dass nach Zeugnissen jener Zeit mit dem Beginn einer Reformation erst mit dem Erlass einer Kirchenordnung und deren Durchsetzung durch eine Visitation gerechnet wird. In der brandenburgischen Enklave Cottbus, mitten im Gebiet der Niederlausitz liegend, das im 16. Jahrhundert zur Krone Böhmens gehörte und kirchlich dem Bistum Meißen zugeordnet war, ereignete sich reformatorisches Geschehen erstmals 1522, als Dr. Johannes Briesmann, ein gebürtiger Cottbuser, Franziskanermönch/ aus Wittenberg ausgewiesen/ im Kloster seiner Heimatstadt Zuflucht suchend, in der Klosterkirche evangelisch predigte. Durch den streng katholischen Kurfürsten Joachim l. für die folgenden Jahre unterbunden, wurde dann 1537 am Fronleichnamstag offiziell evangelische Predigt in Cottbus gehalten. Für die ganze Niederlausitz ist ein einheitliches Datum nicht zu nennen. In den zum sächsischen Herzogtum gehörenden Gebieten um Finsterwalde und Senftenberg setzte sich die Reformation nur schwer durch. Herzog Georg von Sachsen war ein ebensolcher Gegner Luthers und seiner Lehre wie Kurfürst Joachim I. Im Amte Senftenberg kam erst der Durchbruch nach Georgs Tod unter seinem Nachfolger Herzog Heinrich von Sachsen 1540. Es ist zwar bekannt, dass bereits 1522 in Senftenberg ein Lorenz Grüner in einer Zeche von Luther gesprochen hat, deswegen aber verfolgt wurde; er wurde einige Zeit in Haft genommen. Die Brüder von Minckwitz auf der Herrschaft Sonnewalde, die den Herzögen von Sachsen als Lehn überlassen war, hatten bereits Ende 1522 den evangelischen Prediger Hartmann Ibach aus Frankfurt/Main angestellt, der aber auf Veranlassung des Herzogs 1524 wieder entlassen werden musste. Der Landesherr forderte die Rückkehr „zum rechten Glauben", doch die Sonnewalder setzten erneut einen entflohenen Mönch als Pfarrer ein. Hans von Minckwitz führte in Sonnewalde eine besondere Kirchenordnung ein und hatte sich dazu von Luther persönlich für die Einrichtung des Gottesdienstes beraten lassen. Hans von Polenz führte in Beesdau (Kreis Luckau) die Reformation durch. Bekannt ist auch Kaspar von Köckritz, der in dem heute dem Braunkohlentagebau gewichenen Seese, Kreis Calau, 1524 in seinem Dorf einen aus dem Kloster ausgetretenen Mönch als Geistlichen anstellte und ihn gegen den Einspruch des Kirchenpatrons, Jacob von Schulenburg auf Schönfeld, weiterbeschäftigte. Luther hat ihm im November 1530 die Auslegung des 111. Psalms gewidmet. Im Niederlausitzer Osten sind es die Angehörigen der reichbegüterten Familie von Biberstein, die Luthers Lehre begünstigen. Die verwitwete Ludomilla von Biberstein und deren Söhne fördern die Einführung der Reformation in der Stadt und der Herrschaft Forst. Das Jahr 1538 wird als der Zeitpunkt angenommen, da sich die Reformation durchgesetzt hat. Für Spremberg rechnet man mit 1532 als das Jahr, in dem die neue Lehre einzog. In Lübben wirkte der Offizial Erasmus Günther, der maßgebende geistliche Vertreter des Archidiakonus am Ort, dem die geistliche Gerichtsbarkeit unterstand. Er war ein Kritiker bestehender kirchlicher Zustande im Lande, geriet in Konflikt mit dem Meißner Bischof, da er nicht dagegen einschritt, dass lutherische Prediger an Stelle katholischer Pfarrer berufen und Messen abgeschafft wurden. Anfang 1540 schreibt er an den Rat der Stadt Beeskow, dass er ab Karfreitag 1 540 das Abendmahl in beiderlei Gestalt feiern werde. Er sandte Beeskow auch eine Kirchenordnung des sächsischen Herzogs Heinrich mit der Bitte um deren Einführung. Günther wurde als Offizial abgelöst, seine Stelle blieb unbesetzt. Er heiratete 1542. Mit der Abendmahlsfeier und der Kirchenordnung war für die Niederlausitz die Öffnung für die Reformation gegeben. Das Datum für Guben könnte schon der 2. Juli 1529 gewesen sein. An diesem Tage versammelten sich die für Luthers Lehre eintretenden Bürger auf dem Gubener Marktplatz. Durch den böhmischen König war ein Erlass gegen die neue Lehre erfolgt. Auf dieser öffentlichen Versammlung wurde eine Entscheidung herbeigeführt, sich in Breslau und Görlitz Rat zu holen, wie mit dem Erlass zu verfahren sei. Guben ist wohl damit die erste landesherrliche Stadt, in der sich lutherisches Gedankengut ausbreitete, denn schon Anfang der zwanziger Jahre werden als Pfarrer Nikolaus Kümmel, der Bruder des Bürgermeisters, und Franz Rost genannt, die sich dem Lutherischen zuwandten. Sie wurden vorerst 1524 aus der Stadt verdrängt, kehrten aber bald wieder. Kurz nach ihnen kam auf Luthers Empfehlung auch Leonhard Reiff, Luthers Reisebegleiter, nach Heidelberg und Augsburg (Verhör vor Kajetan). Reiff heiratete 1526 eine ehemalige Nonne aus dem Kloster Nimbschen, was Luther vermittelt haben soll. Nimbschen, südlich von Grimma in Sachsen, war ein Zisterzienserkloster (heute Ruine), aus dem 1523 neun Nonnen flohen; darunterwar Katharina von Bora/ Luthers spätere Ehefrau. Luckau schaffte 1533 die Messen ab und predigte evangelisch. 1539 berief man zwei in Wittenberg ordinierte Geistliche. Calau zeigte zwar 1530 einen starken Zugang zum neuen Glauben, es soll aber harte Auseinandersetzungen mit den Altgläubigen gegeben haben/ ehe der völlige Durchbruch erreicht war. Für den Ort Ressen im Kreis Calau wird 1538 ein Pfarrer Strempel genannt. In Groß Gaglow bei Cottbus wird die Einsetzung eines evangelischen Predigers für 1540 angegeben. Sein Name war Georg Anstern. Die Ursachen für diese unterschiedlichen Entwicklungen liegen in der Haltung der jeweiligen Landesherren begründet. Herzog Georg von Sachsen und Kurfürst Joachim l. von Brandenburg hielten bis zu ihrem Tode an ihrer Haltung gegen Luther fest und bekämpften die neue Lehre so gut sie konnten. Für die Niederlausitz stand es insofern günstig/ dass der Landesherr weitab residierte und mit seinen Problemen in Böhmen beschäftigt war. In Brandenburg und Sachsen kam es erst nach dem Tode des Kurfürsten bzw. Herzogs zu Veränderungen. Das Kurfürstentum Brandenburg wurde nach dem Tode Joachim l. unter seinen beiden Söhnen aufgeteilt. Joachim II. erhielt Berlin und die Kurmark; Johann V., auch Johann von Cüstrin genannt, wurden die Herrschaften Cottbus/ Peitz, Züllichau, Sommerfeld und Bobersberg, das Fürstentum Crossen und die Neumark zugesprochen, sowie das Land Sternberg. Während Johann V. offen war für die Wünsche seiner Bürger, fühlte sich Joachim II. als Vermittler zwischen Kaiser und Luther. Joachim II. sah seine Zuwendung zur Reformation mehr als eine Verwaltungsmaßnahme, weniger als einen Akt bekennenden Glaubens. Politisch dem Kaiser zugetan und durch familiäre Bindungen dem Katholizismus verpflichtet/ wurde er erst nach des Kaisers Tod frei in seinen Entscheidungen. Johann V. hingegen war Ostern 1538 offiziell zum Protestantismus übergetreten. Er hatte eine Neigung zu den Realitäten und wusste/ dass ein Regieren gegen den Willen der Bürger den wirtschaftlichen Forstschritt/ den er erreichen wollte, nicht ermöglichen konnte. Er ging entsprechend behutsam vor. Er führte zunächst keine Kirchenordnung ein/ begann ober eine Visitation/ die er den aus Franken kommenden Pfarrern Andreas Althammer und Jacob Stradner übertrug. Nach seinem Tode am 13. Januar 1571 fiel sein Erbteil wieder an Brandenburg/ da er keinen Sohn hinterließ. Das Konsistorium in Cölln erhielt 1573 die Oberaufsicht in Glaubensangelegenheiten/ die Jurisdiktion, also die rechtsprechende Gewalt, in anderen kirchlichen Angelegenheiten verblieb in Cüstrin. Für Cottbus und die anderen Gebiete galt die 1572 von Kurfürst Georg erlassene Kirchenordnung. Für die Niederlausitz kann von einer Vollendung der Reformation in Glaubensfragen erst von 1635 an gesprochen werden/ als sie als erbliches Mannlehn unter böhmischer Oberhoheit an Sachsen kam. Eine einheitliche kirchliche Situation trat für das heutige Berlin-Brandenburg erst nach 1815 ein, als nach dem Wiener Frieden die Niederlausitz und Cottbus zu Preußen kamen. Was den vorgeprellten Cottbuser Reformator Dr. Briesmann betrifft, so kehrte der nach seiner Predigt in der hiesigen Klosterkirche nach Wittenberg zu Luther zurück und ließ sich an den Hochstift des Deutschen Ordens nach Königsberg vermitteln. Hier predigte er am 27. September 1523 im Dom und veranlasste die Reformation in Ostpreußen. Als er 1524 die Äbtissin Elisabeth Sackheim heiratete, war er der erste preußische Priester/ der eine Ehe einging. Briesmann predigte später als Reformator in Livland (heute Estland und Lettland), kehrte dann nach Königsberg zurück, wo er Mitbegründer und Kurator der Universität wurde/ die später mit Immanuel Kant Weltruf erlangte. Beide, Kant und Briesmann, sind auf der Königsberger Dominsel beigesetzt.
Inhalt weiter zurück Ein kostbares graphisches Blatt aus Königsberg schenkt uns das einzige erhaltene Abbild des bedeutenden Predigers, der von Cottbus auszog, die Lehre Luthers ins ferne Ostpreußen zu tragen Das Oberschloss von Sonnewalde in einer Lithografie von Duncker um 1861/62. Das Schloss war stark bewehrt und gilt als frühe Statte der Reformation. Luther war hier persönlich zu Gast. Das Schloss ist 1945 niedergebrannt, nur ein Unterschloss ist heute er
H. Aurich
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