Traktoren made in Schönebeck
Pflügen, ernten, schleppen, dafür sind die Traktoren made in Schönebeck noch heute bekannt. Ob flexibler Ein-Mann-Traktor oder starker Ernteschlepper:
Was hier gebaut wurde, prägte die Landwirtschaft der DDR und vieler Länder weltweit nachhaltig. Auch in anderer Hinsicht war das Traktorenwerk Vorreiter -
so auch bei der Gleichstellung der Frau. Anfang der siebziger Jahre lautete die Devise: "Frauen auf die Maschinen!" Auch Inge Geiger folgte diesem Ruf und
begann eine Lehre zur Montageschlosserin. Ihr kam später noch eine besondere Rolle zu: Bei großen Messen präsentierte sie die Traktoren und wurde zur
lebendigen Werbefigur. Diese damals recht ungewöhnliche Marketingstrategie erzielte Wirkung.
Zigtausende Traktoren wurden zu DDR-Zeiten ins Ausland exportiert. Das lag vor allem an der Qualität der Produkte. Der ZT 300, der 1967 zum ersten Mal
vom Band lief, wurde zum Dauerbrenner: über 90.000 Mal gebaut – jeder einzelne in Schönebeck. "Traktoren made in GDR" waren gefragt, in Äthiopien, in
Ungarn, aber auch in Spanien und Frankreich. Der "blaue Schönebecker", wie der Traktor wegen seiner blauen Farbe genannt wurde, hatte einen gefederten
Komfortsitz, ein geschlossenes Fahrerhaus und einen auf Gummi gelagerten Motor mit 90 PS - damals eine Meisterleistung der Konstrukteure. Dabei
berichtet Inge Geiger von vielen Problemen: "Als der ZT auf den Markt kam, beschwerten sich viele Landwirte: zu schwer, nicht genug Leistung, zu anfällig."
Den anfänglichen Problemen zum Trotz avancierte das Werk zu einem echten Vorzeigebetrieb, die Traktorenwerker zu Image-Trägern.
Noch heute bringen die Schönebecker Traktoren ihre Fans ins Schwärmen. Dennis Meyer zum Beispiel: Der 39-Jährige baut in seinem Keller die Traktoren
als kleine Modelle nach. Und sie fahren auch noch, so wie in Rottelsdorf bei den Schlepperfreunden. Bis 1999 wurde in Schönebeck Landtechnik gebaut,
dann standen die Bänder endgültig still. Schon zu DDR-Zeiten deutete sich an, dass der ZT 300 und dessen Nachfolger kaum eine Chance auf dem schwer
umkämpften Weltmarkt haben würden. Umso erstaunlicher ist es, dass sich heute ein studentisches Projekt in Magdeburg um die Wiederbelebung
Schönebecker Traktoren bemüht.
Der Film von André Strobel erzählt die Geschichten rund um das Traktorenwerk Schönebeck.
Zu Besuch im Industriemuseum
Wie Schönebecker Traktoren ganze Leben prägten
Für die einen sind sie landwirtschaftliche Nutzmaschinen, den anderen erzählen sie ganze Geschichten: Traktoren. Zu DDR-Zeiten wurden in
Schönebeck unzählige von ihnen produziert, noch heute prägen sie ganze Leben – so auch am Freitag, als im Industriemuseum der MDR-Film
"Traktoren made in Schönebeck" voraufgeführt wurde. MDR SACHSEN-ANHALT-Reporterin Olga Patlan war dabei.
Das Traktorenwerk Schönebeck prägte eine ganze Region. Das Bild entstand in den 1970er Jahren. Bildrechte: Salzlandmuseum
Zugegeben, für mich sind Traktoren sperrige Nutzfahrzeuge, die mir oftmals den Weg auf der Fahrbahn versperren. Mir ist natürlich bewusst, dass sie für die
Landwirtschaft notwendig sind. Dass sie aber für viele Menschen viel mehr bedeuten, erfahre ich erst an einem Freitagabend im Salzlandkreis.
Wie auf einem Klassentreffen
Es ist ein nasskalter Novemberabend. An so einem Abend bleiben viele gern Zuhause, nicht so die Gemeinschaft, die sich im Industriemuseum in Schönebeck
versammelt hat. Hier findet an diesem Tag die Voraufführung eines Films aus der MDR-Sendereihe "Der Osten – Entdecke, wo du lebst" statt. Es geht um Traktoren, die
zu DDR-Zeiten in Schönebeck gebaut wurden. Und es geht um Menschen, für die diese Maschinen und das Werk lange zu ihrem Lebensinhalt gehörten.
Ich hingegen habe Probleme, das Museum überhaupt zu finden. Das Navi zeigt mir erst eine falsche Adresse an. Mit mir verirrt sich ein Paar aus Möckern. Wir sind die
einzigen, die zu spät kommen, weil wir nicht ortskundig sind. Als wir ankommen, haben die Besucher bereits Platz genommen. Wie ich später erfahre, kennen sich die
meisten der etwa 70 Zuschauer: "Es ist wie ein Klassentreffen", sagt Ingolf Kühne, ehemaliger Auszubildender des Traktorenwerks. Wie Eindringlinge fühlen wir uns
dennoch nicht, ganz im Gegenteil, wir werden warm empfangen und begrüßt.
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